der Wassermann als Bäcker

Als noch die Mittagsfrauen umgingen, „Gottes Wehklagen" da und dort weinten, Geister mit Gelde spielten, der Tod sich erhob, Irrgeister die Leute verführten und Gespenster sie scheuchten, damals hat auf der Welt auch der Wassermann gelebt mit seiner Frau.

Wer kannte nicht in seiner Heimat irgendein Flüsschen oder einen Teich, wo einst, wie die Sage erzählt, der Wassermann im roten Käppchen und Tuchrock weilte? Wer hätte sich nicht als kleines Kind in acht genommen vor der oder jener tiefen Stelle im Bache, wo der Wassermann immer lauert, wo er jemanden am Fuße ergreifen und ins Wasser ziehen könnte?
Einst aber waren die Wassermänner nicht so böse, wie sie die Kinder kennen; sie traten auch aus dem Bache hervor und ließen sich mit den Leuten ins Gespräch ein. Ein solcher war auch im Neu(?)baselitzer Teiche bei Kamenz.

Bei ihm ackerte einst ein Kutscher. Jedes Mal, wenn er hinabfuhr hörte er im Teiche mit Kuchenschaufeln rasseln. Er dachte sich so' gleich, dass im Teiche der Wassermann wohne und gerade Kuchen backe. Verwegen rief er deshalb in den Teich:

„Wenn ihr Kuchen backt, so bringt mir auch einen, denn ich bin hungrig."

Als er herum war, lief aus dem Teiche das Wassermännchen in roter Tracht herzu mit einem Tischchen, auf welchem ein herrlicher Kuchen lag und ein Glas Bier stand, und sagte zum Kutscher:

„Diesen Kuchen musst du essen, ohne dass du ihn anschneidest, und das Bier musst du austrinken, das Glas aber darfst du nicht berühren!"

Dies sagend, sprang er wieder in den Teich. Der Kutscher überlegte eine Weile, wie er dies mache, und dann machte er es so:

Aus dem Kuchen schnitt er das Mittlere heraus und aß es; darauf machte er sich ein Röhrchen aus Schilf und saugte durch dasselbe das Bier aus dem Glase. Dadurch hatte er weder den Kuchen angeschnitten, noch das Glas angerührt.

Als er so fertig war, lief das Wassermännlein wieder herzu, nahm das Tischchen und sagte zum Kutscher:

„Der Teufel hat dich klug gemacht!"

und lief ärgerlich davon. Denn hätte der Kutscher es nicht vollbracht, würde ihn der Wassermann mitgenommen und ihm den Hals umgedreht haben.

 

mit freundlicher Genehmigung des Oberlausitzer Verlages, aus: "Großes Oberlausitzer Sagenbuch"